Bundeswettbewerb "Landwirtschaftliches Bauen", das heißt mittlerweile mehr als 192 ausgezeichnete Bauprojekte. Jedes für sich beispielgebend und zu seiner Zeit als außergewöhnlich bewertet.
Themen des Bundeswettbewerbes "Landwirtschaftliches Bauen" seit 1973
Jahrgang | Themen des Bundeswettbewerbes |
2023/24 | Dem Klimawandel begegnen - Ställe mit ganzheitlichem Energiekonzept |
2019/22 | Unser innovativer Stall - tiergerecht, umweltgerecht und zukunftsweisend |
2017/18 | Aus Alt mach Neu - Tier- und umweltgerechte Umbaulösungen |
2015/16 | Heute schon draußen gewesen? Tier- und umweltgerechte Ausläufe für Rinder, Schweine und Geflügel |
2013/14 | Anwendung ganzheitlicher Energiekonzepte in der Nutztierhaltung |
2011/12 | Gläserne Ställe |
2009/10 | Stallbaulösungen für Kooperationen in der Milchviehhaltung |
2007/08 | Gruppenhaltung von Pensionspferden im landwirtschaftlichen Betrieb |
2005/06 | Bauen mit Holz |
2003/04 | Kälber und Jungviehaufzuchtställe für die Milchviehhaltung |
2001/02 | Sauen in Gruppenhaltung |
1999/2000 | Zukunftsweisende Stallanlagen im Außenbereich |
1997/98 | Offene Stallsysteme für Schweine oder Geflügel |
1995/96 | Beispielhafte Milchviehställe für größere Bestände |
1993/94 | Umwelt- und tiergerechte Mastschweinehaltung |
1991/92 | Umweltverträgliche bauliche Anlagen für die Nutztierhaltung unter erschwerten Standortbedingungen |
1989/90 | Beispielhafte Milchviehställe bis 40 Kuhplätze mit Nachzucht - umwelt- und tiergerecht |
1987/88 | Beispielhafte Stallanlagen in alten Gebäuden |
1985/86 | Mastschweinehaltung auf bäuerlichen Hofstellen - tier- und umweltgerecht |
1983/84 | Sauenställe in Ortslagen |
1981/82 | Beispielhafte kostengünstige Stallanlagen für die Rindviehhaltung in Ortslagen |
1979/80 | Beispielhafte kostengünstige Stallanlagen für die Ferkelerzeugung zur Mast |
1977/78 | Beispielhafte kostengünstige Stallanlagen für die Ferkelproduktion |
1976/77 | Beispielhafte kostengünstige Stallanlagen für die Rindviehmast |
1975 | Beispielhafte kostengünstige Stallanlagen für die Rindviehhaltung unter besonderer Berücksichtigung von Grünland- und Futterbaubetrieben in benachteiligten Gebieten |
1973 | Beispielhafte und kostengünstige Stallbauten für die Rindviehhaltung |
Wie lassen sich die unterschiedlichen Investitionskosten von 2.000 bis 5.000 DM je Milchviehplatz erklären? Weder regionale Baupreisunterschiede noch Betriebsart, Betriebsgröße oder andere Faktoren konnten Anfang der 1970er-Jahre als Antwort dienen. Vielmehr galten eingefahrene Wege, Prestigedenken und Ähnliches als Ursache. Aus diesem Anlass rief das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1973 den Bundeswettbewerb "Landwirtschaftliches Bauen" ins Leben. Baulich und technisch hervorragend gelöste Stallbauten der Rindviehhaltung sollten beim Neu- oder Umbau von Rindviehställen Geld sparen helfen und vor Investitionsfehlentscheidungen schützen. Der Wettbewerb sollte Leitbilder schaffen.
Er wurde gemeinsam vom Institut für Landwirtschaftliche Bauforschung der Forschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) und dem KTBL im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) durchgeführt. Die elfköpfige Bundesprüfungskommission aus 91 eingereichten Bewerbungen drei Preisträger sowie sechs anerkennungswürdige Betriebe aus. Am 13. Dezember 1973 wurden anlässlich der 50-Jahrfeier des KTBL in Darmstadt von Landwirtschaftsminister Josef Ertl die Preise überreicht. Alle Preisträger unterschritten in den Gesamtkosten eine Schwelle von 2.800 DM je Tierplatz. In ihrem internen Abschlussbericht an das Bundeslandwirtschaftsministerium resümierten die Verfasser, dass die Grenzen der Eigenleistung und des "Weglassens" von Technik und Innenausbau bei zu vielen Bewerbungen überschritten seien. Kritisch wurde auch das Absinken des Gestaltungsniveaus landwirtschaftlicher Gebäude beurteilt. Die Verfasser empfahlen dem Bundeslandwirtschaftsminister, Bauforschung und Bauberatung zu fördern. Zudem sahen sie dringenden Informationsbedarf zum landwirtschaftlichen Bauwesen. Im Abschlussbericht rechneten die Autoren zudem vor, dass bei jährlich einer halben Million zu bauender Milchviehplätze und einer Einsparung von 100 DM je Platz die deutsche Landwirtschaft Investitionen von 45 Millionen DM im Jahr sparen könnte.
Aufgrund der großen Bedeutung dieser Produktionsrichtung in Bayern stammten ein Drittel von den 69 Einsendungen aus diesem Bundesland. Im Jahr nach der Prämierung wurden die Ergebnisse des Bundeswettbewerbes erstmalig in einer "KTBL-Schrift" einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Seitdem ist zu jedem Wettbewerb eine Publikation erschienen.
Die Tiergerechtheit als Bewertungskriterium beschränkte sich zunächst aber noch auf die Mindestforderungen des Tierschutzgesetzes und auf die Tiergesundheit. Unter den Bewerberinnen und Bewerbern waren schon damals Betriebe mit bis zu 280 produktiven Sauen. 55 Betriebe nahmen am Wettbewerb teil, davon wurden nur 16 direkt von der Betriebsleitung eingereicht; 39 Mal übernahmen dies die Siedlungsgesellschaften und Landwirtschaftskammern bzw. -ämter für die Landwirtinnen und Landwirte.
Von Anfang an wurden die Betriebe vor Ort besichtigt: Vom 19. bis 24. Juni 1978 bereisten die Mitglieder der Bundesprüfungskommission 19 Betriebe, mehr als 3.500 km legten die Mitglieder dabei in mehreren Fahrzeugen zurück. Später reiste die Bundesprüfungskommission gemeinsam in einem Bus, sodass die Betriebe schon während der Fahrt analysiert werden konnten. Das hat sich bewährt und wird bis heute so praktiziert.
Die Erfahrungen des vorherigen Wettbewerbes hatten gezeigt, dass sich die neueren Erkenntnisse aus der angewandten Forschung noch nicht überall durchgesetzt hatten. In vielen Betrieben fehlten hygienische Konzepte und durchdachte Produktionsabläufe. 89 Bewerbungen wurden eingereicht. Bestandsgrößen von 50 bis 150 Sauen in spezialisierten Betrieben wurden von der Bundesprüfungskommission als beherrschbar identifiziert, Größen von 80 bis 120 Sauen bei Investitionen als erforderlich erachtet. Familienbetriebe hatten damals selten mehr als 150 Sauen, Beständen mit 200 Sauen und mehr wurde von den Mitgliedern der Bundesprüfungskommission keine wirtschaftliche Überlegenheit attestiert.
In den 1980er-Jahren setze sich der Strukturwandel fort. Vor allem Betriebsleiter in Ortslagen standen bei den erforderlichen Investitionen vor schwierigen Entscheidungen. Aussiedlungen waren aufgrund knapper öffentlicher Kassen selten möglich, die Betriebe mussten auf dem angestammten Hofstandort bauen. Wie kann unter Berücksichtigung alter Gebäudesubstanz, beschränktem Flächenangebot zukunftsweisend gebaut werden? Aus heutiger Sicht überraschend: Eine schematische Einhaltung von Mindestabständen zur Nachbarbebauung bei Rindviehställen wurde als nicht erforderlich angesehen. Von den 93 Einsendungen wurden 10 Lösungen als beispielgebend ausgezeichnet.
Dabei ging es um die Bestrebungen kleinerer Sauenbetriebe ihre Existenz zu sichern und Umweltkonflikte zulösen. Ortslagen galten aufgrund der geringen Erschließungskosten als attraktive Standorte, zudem beugte ihr Ausbau der Gefahr der Zersiedlung der Landschaft vor. Gesucht wurden Althofsanierungen mit Um- und Erweiterungsbauten. Das Fazit des Wettbewerbes: Bei richtiger Planung und Ausführung kann die spezialisierte Sauenhaltung mit 60 Sauen und mehr ohne Geruchsproblem in Ortslagen betrieben werden.
Mitte der Achtzigerjahre waren viele Landwirtinnen und Landwirte, die bereits vor 15 Jahren investiert hatten, vor eine erneute Investitionsentscheidung gestellt. Sie suchten Möglichkeiten zur Verbesserung des Umweltschutzes und der Standortsicherung, die zur Lösung von Konflikten zwischen landwirtschaftlichen Produktionsstätten und ihrer Nachbarschaft beitragen sollten. Denn die damals beginnende Durchdringung des ländlichen Raumes mit städtischer Wohnbebauung förderte die Konflikte. Und auch die gestalterische Einbindung der neuen, durch Flachdächer geprägten Stallkubaturen in ein häufig denkmalgeschütztes Umfeld mit steilen Dächern stellte hohe Anforderungen an die Planung.
Im Bundeswettbewerb 1985/86 "Mastschweinehaltung auf bäuerlichen Hofstellen - tier- und umweltgerecht“ wurden die vier Kriterien "tiergerecht", "umweltgerecht", "funktionsgerecht" und "kostengünstig" gleichrangig bewertet. Noch immer orientierte sich das Tierwohl aber an den tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen und an der Tiergesundheit. Der Anteil der direkt von den Landwirtinnen und Landwirten eingereichten Einsendungen lag bei 30 %. Erstmalig wurden Preisgelder von 5.000 DM an zwei Betriebe ausgezahlt, dazu sechs Anerkennungen. Dies ist insofern erwähnenswert, weil der Bundeswettbewerb immer eine breite Palette an Lösungen anbieten wollte, sodass sich möglichst viele Landwirtinnen und Landwirte angesprochen fühlen und auch regionale Aspekte berücksichtigt werden konnten. Häufig wurde deshalb zwischen Gesamtlösungen und Detaillösungen unterschieden und die Preisgelder entsprechend gestaffelt. Vereinzelt wurden auch Anerkennungen ohne Preisgeld ausgesprochen oder in den Begleitschriften Stallbauten präsentiert, die an den Teilnahmebedingen aus formalen Gründen wie dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme gescheitert waren, aber dennoch gute Lösungen vorzuweisen hatten.
Und das Ergebnis des Bundeswettbewerbes 1985/86? Der Mastschweinehaltung in Nachbarschaft zu Wohnbebauung wurde keine große Zukunft attestiert, da es nur begrenzte Möglichkeiten gab, dem Immissionsproblem am Standort zu begegnen. Die Bundesprüfungskommission empfahl Gülle zur Minderung der Emissionen außerhalb des Stalles und nicht in Güllekellern unter dem Stall zu lagern.
Ende der Achtzigerjahre waren die meisten Wirtschaftsgebäude älter als 50 Jahre. Der Bundeswettbewerb nahm sich dieser Gebäude mit dem Titel „Beispielhafte Stallanlagen in alten Gebäuden“ an. Es wurden Betriebe gesucht, auf denen die landschafts- und ortsbildprägenden Wirtschaftsgebäude funktionstüchtig erhalten und einen Beitrag zur Entwicklung des ländlichen Raumes geleistet wurde. Erstmals standen auch Schaf-, Ziegen-, Pferde-, Geflügel- und Kaninchenhaltungen im Fokus und errangen Prämierungen. Es gab 130 Einsendungen und 12 Preisträger. Die Berechnungen der Bundesprüfungskommission zeigten, dass sich durch die Nutzung der Altgebäude in den meisten Fällen erhebliche Investitionen im Vergleich zu Neubauten einsparen ließen. Die Bundesprüfungskommission sah sogar Umbauten zu Neubaukosten als gerechtfertigt, wenn gleichzeitig wertvolle Bausubstanz erhalten werden konnte. Hinsichtlich Arbeitserleichterung, Tiergesundheit und Arbeitssicherheit mussten Umbaulösungen Neubauten in nichts nachstehen, so das Fazit.
Beengte Hofstelle, immissionsempfindliche Nachbarschaft, Grenzerträge, Auflagen des Denkmalschutzes und Anforderungen des Landschafts-, Natur- und Gewässerschutzes waren die Themen Anfang der 1990er-Jahre. Die 45 tierartübergreifenden Einsendungen zeigten, dass sich die Einflüsse von Standortgegebenheiten und Standorterschwernissen weit weniger auf den Betriebserfolg auswirken als die „Tüchtigkeit der Betriebsleiter“, wie es ein Mitglied der Bundesprüfungskommission ausdrückte. Der erste Wettbewerb nach der Wiedervereinigung präsentierte mit der Bauerngenossenschaft Badingen aus Brandenburg auch den ersten Preisträger aus den neuen Bundesländern.
Der Bundeswettbewerb 1993/94 belegte dies aufs Neue. Mehrere einstreulose Aufstallungsformen überzeugten die Bundesprüfungskommission mit schlüssigen umweltschonenden Gesamtkonzepten. Trotz eines hohen technischen Standards bei der Lüftungstechnik war das Stallklima auf den einstreulosen und zwangsgelüfteten Betrieben oft nicht befriedigend. Auch bei eingestreuten Ställen bestand die Gefahr hoher Schadgaskonzentrationen. Sie überzeugten hingegen aus ethologischer Sicht durch ein strukturiertes und großzügiges Flächenangebot. Eine optimale sowohl umwelt- als auch tiergerechte Mastschweinehaltung konnte nach Einschätzung der Bundesprüfungskommission damals ohne Einschränkung bei der Wirtschaftlichkeit nicht umfassend realisiert werden. Ein Teil der Preisträger setzte auch deshalb auf besondere Vermarktungswege. Die Schweinepest brachte den Zeitplan des Wettbewerbes gehörig durcheinander. Erst im Herbst konnten die Bereisung abgeschlossen werden.
Im Vergleich zu den EU-Nachbarn galten zu Beginn der Neunzigerjahre viele deutsche Milchviehbetriebe als nicht wettbewerbsfähig, oftmals zu klein in den alten Bundesländern und häufig modernisierungsbedürftig in den neuen Bundesländern. Im Bundeswettbewerb wurden beispielhafte Laufställe prämiert. Neben den Anforderungen an den Stall wies die Bundesprüfungskommission auch auf neue Wege in der Betriebsentwicklung und Betriebsorganisation hin. Dazu zählte die überbetriebliche Nutzung von Maschinen oder noch konsequenter die gemeinsame Führung des Betriebszweiges Milchviehhaltung oder die Gründung eines gemeinsamen Betriebes.
1995/96 begann eine zehnjährige Kooperation mit dem aid. In Kooperation wurden erstmalig ein aid-Heft sowie eine Videokassette mit Betriebsreportagen und wesentlichen Ergebnissen des Bundeswettbewerbes herausgeben. Neben den genannten Produkten zur Vorstellung der Preisträger, veröffentlichte das KTBL zu vielen Themen bis 2001 weiterführende Schriften mit ausführlichen Ergebnissen zum jeweiligen Thema.
Während das Thema bei den Geflügelhaltern auf wenig Resonanz stieß, reichten Schweinehalter zahlreiche Lösungen ein. Vor allem in Süddeutschland machten damals Außenklimaställe von sich reden - fünf von acht prämierten Ställen standen in Bayern und Baden-Württemberg. Der geringe Energieverbrauch und die Einsparmöglichkeiten im Kapitalbedarf für den Bau kleiner und mittelgroßer Ställe im Vergleich zu großen Ställen über 600 Mastplätzen wurden von der Bundesprüfungskommission positiv hervorgehoben. Aber auch Grenzen hinsichtlich der Hygiene und dem hohen Temperaturbedarf junger Tiere wurden aufgezeigt.
Neue Wege wurden beim Bundeswettbewerb hinsichtlich der Preisverleihung begangen. Wurden die Preisträger anfangs an wechselnden Orten, z. B. 1988 in Braunschweig oder 1994 in Herford, erfolgte die Preisübergabe ab 1998 auf der alle zwei Jahre stattfindenden Landwirtschaftsmesse „EuroTier“ in Hannover.
Vielen Betrieben boten die Ortslagen keine Entwicklungsmöglichkeiten, sowohl vom wachsenden Platzbedarf als auch aus Immissionsschutzgründen. Wurde 20 Jahre zuvor noch versucht, den Betrieben in Dorflage Entwicklungsoptionen zu bieten, galt es nun den Betrieben im Außenbereich für den Weltmarkt wettbewerbsfähige Standorte zu verschaffen. Der Bundeswettbewerb erreichte mit 170 Einreichungen eine extrem hohe Resonanz. Sechs Schweine- und Milchviehbetriebe mit Voll- und Teilaussiedlungen überzeugten die Bundesprüfungskommission nicht nur mit ihrem Stall als solchem, sondern auch mit dessen planerische Einbindung in den Außenbereich. Dabei waren bei allen Preisträgern weitere Erweiterungen bereits mit eingeplant worden.
Die Gruppenhaltung von tragenden Sauen etablierte sich aus rechtlichen Gründen. Neue EG-Richtlinien von 2001 forderten ab der fünften Woche nach dem Decken bis zu Beginn der letzten Woche vor dem Abferkeln die Gruppenhaltung. Bis 2013 galt es rechtlich verbindlich alle Einzelhaltungen, die noch rund zwei Drittel der Haltungen ausmachten, in Bewegungsbuchten zu überführen. Im Bundeswettbewerb wurden durchdachte Großgruppen mit Abruffütterung, klassische Hüttenställe und Exoten wie die Cafeteria-Fütterung, bei der sich mehrere Sauengruppen einen Fressbereich teilen, prämiert. Die Bundesprüfungskommission belegte, dass sich Wirtschaftlichkeit und Tierschutz nicht widersprechen müssen.
Die gesunde und leistungsorientierte Kälber -und Jungviehaufzucht ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Milchviehhaltung. Die oft unzulängliche Haltung der Kälber und Nachzucht war schon beim 10. Bundeswettbewerb 1989/90 mit thematisiert worden. 2003 wurden noch immer viele Kälber und Jungtiere unter suboptimalen Bedingungen, z. B. in Altgebäuden oder direkt im Milchviehstall, gehalten. Die gesetzliche Forderung von Gruppenhaltung war noch neu. Vier Betriebe wurden prämiert - auch das einmalig, waren es sonst doch immer mehr Preisträger. Die Preisträger zeigten indes, wie den sich ändernden Anforderungen der Tiere im Laufe ihres Wachstums entsprochen werden kann. Vor allem gelang es ihnen Atemwegs- und Verdauungserkrankungen durch gute Haltung vorzubeugen.
Zum Bundeswettbewerb 2003/04 wurde das offizielle Logo des Bundeswettbewerbes in Auftrag gegeben. Die Agentur "merkwürdig" aus Frankfurt am Main entwickelt das Erkennungszeichen, ein stilisierter Stall in den Farben des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Das Logo wird den Preisträger seitdem auch als Stallplakette zur öffentlichen Kennzeichnung des ausgezeichneten Gebäudes überreicht.
Der Bundeswettbewerb 2006 zeichnete erstmalig eine Maschinenhalle und damit - einmalig in der Geschichte des Bundeswettbewerbes - ein Wirtschaftsgebäude aus, dass nicht der Tierhaltung dient. Im Mittelpunkt des Wettbewerbes stand der Rohstoff Holz mit seinen vielfältigen positiven Eigenschaften. Der konstruktive Gebäudeschutz bei Rund- und Schnittholz oder Holzwerkstoff zog sich wie ein roter Faden durch das Thema und sprach erneut viele süddeutsche Betriebe an.
In der Pferdehaltung galt vielen Pferdebesitzerinnen und -besitzern die Boxenhaltung als Maß aller Dinge. In der Box war das Tier jederzeit verfügbar und vor Verletzungen durch andere Tiere geschützt. Die preisgekrönten Gruppenhaltungen zeigten, wie sich Funktionsbereiche strukturieren lassen, die Pferde zur Bewegung motiviert werden und wie moderne Fütterungsautomaten die Arbeit erleichtern können. Pensionspreise von 300 Euro je Pferd und Monat galten damals als Schwelle zum rentablen Wirtschaften.
Die Kooperation ist eine Möglichkeit, sich dem Strukturwandel anzupassen und rentabel zu wirtschaften. Das hatte die Bundesprüfungskommission von 1995/96 schon in ihrem Fazit hervorgehoben. Rund 15 Jahre danach wurde das Thema für so bedeutsam erachtet, dass es zum eigenen Thema gewählt wurde. Besonderheit des Wettbewerbes war, dass er zeitgleich in der Schweiz durchgeführt wurde. Die Preisträger wurden in einem gemeinsamen KTBL-Heft vorgestellt und waren ein gutes Beispiel dafür, wie vielfältig Kooperationen erfolgen können. Sie zeigten, wie ökonomischer und sozialer Druck sowie Arbeitsbelastungen gemindert werden können. Als loser Verbund bis hin zur Fusion von Betrieben oder Betriebszweigen, die ganze Vielfalt wurde aufgezeigt. In vielen Fällen bot die Kooperation einem der Partner auch den mittelfristigen Ausstieg aus der Landwirtschaft. Anders als bei bisherigen Wettbewerben wurden auch soziale und kooperationsrechtliche Anforderungen mit bewertet. Das Fazit war eindeutig: Jedes Kooperationsmodell muss auf die Bedürfnisse der Partner individuell zugeschnitten und bis ins Detail schriftlich fixiert sein.
Im Laufe der Jahrzehnte konnte eine Entfremdung zwischen Gesellschaft und Landwirtschaft beobachtet werden. Die Zahl der tierhaltenden Betriebe war bis 2011 zurückgegangen, viele Tiere wurden mittlerweile im Außenbereich gehalten und die Weidehaltung war auf dem Rückzug. Zeitgleich verstädterte sich die Landbevölkerung weiter, der persönliche Kontakt vieler Bewohnerinnen und Bewohner zur Landwirtschaft wurde seltener und die Tierhaltung wurde kritischer betrachtet. Das Bundesministerium suchte deshalb Konzepte und Stallanlagen, die Kunden, Nachbarn und der interessierten Öffentlichkeit die moderne Tierhaltung näherbringen. Und fand sie, z. B. in einem Milchviehstall mit Bauernhofcafe oder einer Besucherempore in einem Legehennenstall.
Der Wettbewerb 2011/12 trat mit einem Kuriosum auf: Die Karl und Michael Dörr GbR aus Roßdorf gewann 2012 nach 2006 zum zweiten Mal. Nur Josef Braun aus Freising sollte dies 2014 nach 1990 auch noch einmal gelingen.
Wie sehen Energiekonzepte aus, die über Einzelmaßnahmen hinausgehen und das Bewusstsein für die Bedeutung ganzheitlicher Energiekonzepte für die Energieversorgung Tier haltender Betriebe aus? Der Bundeswettbewerb lieferte die Antwort: Biomasseheizkessel, Photovoltaik, Holzvergaseranlagen, Wärmetauscher, Erdgas-Blockheizkraftwerke mit Warmwasserpufferspeicher, Wärmepumpe und Biogasanlagen. Die Preisträger verstanden es, unterschiedlichste Lösungen miteinander zu verbinden und auf ihre betrieblichen Verhältnisse abzustimmen. Von der Milchkühlung, über die Heutrocknung, Stromerzeugung oder Stallheizung, auch für vielfältige Einsatzzwecke standen die Preisträger.
Der Wettbewerb trug der zunehmenden Forderung nach tier- und umweltgerechten Ausläufen Rechnung. Vier Betriebe lieferten überzeugende Antworten für Milchvieh, ferkelführende Sauen und Masthühner. Die Beispiele zeigten, dass Ausläufe tier- und umweltgerecht sein können - gleich ob Milch- oder Eiererzeugung, Mast oder Aufzucht, ob Rind, Schwein oder Geflügel, ob Neu- oder Umbau, ob konventionell oder ökologisch. Der Bundeswettbewerb lieferte überzeugende Lösungen, zeigte aber auch wie sich die mangelnde Kenntnis der genauen Emissions- und Ausbreitungsbedingungen häufig als Genehmigungsbarriere erwies. Die Mitglieder der Bundesprüfungskommission zeigten Forschungsbedarf zum Emissionsverhalten von Ställen mit Auslauf auf. Zwei der Preisträger wirtschafteten nach EG-Öko-Verordnung. Hatten Anfang der 1970er-Jahre nur vereinzelt ökologische Betriebe am Wettbewerb teilgenommen, wurden seit 2010 regelmäßig auch Öko-Betriebe mit ausgezeichnet.
Während Gebäude über Jahrzehnte genutzt werden können, weisen Stalleinrichtungen, Vermarktungskonzepte und Haltungsverfahren häufig eine kürzere Nutzungszeit auf. Insbesondere der Wandel zu besonders tiergerechten Haltungsverfahren wird Umbauten erforderlich machen. Nach 1987/88 suchte die Bundeslandwirtschaftsministerin 2017/2018 erneut Stallanlagen, die durch Umbau zukunftsfähig gemacht geworden waren. Die Mitglieder der Bundesprüfungskommission waren sich einig: Leerstand ist zu vermeiden. Selbst wenn ein Neubau günstiger wäre, kann sich mit einem schlüssigen Betriebs- und Vermarktungskonzept ein teurerer Umbau lohnen. Die sechs Preisträger gaben Lösungsvorschläge. Neben dem Umbau hatten alle eines gemeinsam: Außenklimabedingen. Egal ob für Rind, Schwein oder Huhn, der Umbau zu tiergerechten Ställen ging auf den sechs prämierten Betrieben immer mit Außenklima einher, ob als Außenklimastall, als Kaltscharrraum oder mit einem Auslauf. Und auch das umstrittene Thema der Anbindehaltung von Milchkühen griff der Wettbewerb auf, indem er für kleine Anbindeställe tiergerechte Laufställe als Alternative präsentierte.
Der 25. Bundeswettbewerb suchte tierartenübergreifend nach innovativen und zukunftsfähigen Stallanlagen. Letztendlich konnte die Jury aus einer Vielzahl an Einsendungen sieben Betriebe prämieren, die sowohl im Bereich der Tiergerechtheit als auch der Umweltgerechtheit vorbildlich waren. Zudem vereinen alle Betriebe ein hohes Maß an Arbeitsplatzqualität und teils pfiffigen Vermarktungsstrategien. Die sieben Preisträgerinnen und Preisträger zeigen, wie vielfältig Landwirtschaft aussehen kann: Während die einen auf eine hohe Automatisierung Wert legten, achteten andere auf landschaftsgerechte Bauweisen, hohe Tierwohlstandards oder nachhaltige Energiekonzepte. Unter den prämierten Betrieben befinden sich auch ganzheitliche Lösungen, die anschaulich zeigen, wie die von der Gesellschaft geforderte Wende in der Nutztierhaltung gelingen kann.
Besonders war der Jahrgang aber nicht nur wegen des Jubiläums: Durch die Corona-Pandemie kam es auch zu einem Novum - die Betriebsbesichtigungen und die Preisverleihung fanden mit zwei Jahren Verspätung erst 2022 statt.
aid (1996): Zukunfstorientierte Milchviehställe. aid-Heft 3372/1996, Bonn, Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e. V.
aid (1998): Außenklimaställe für Schweine. aid-Heft 3585/1998, Bonn, Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e. V.
aid (2000): Zukunftsweisende Stallanlagen im Außenbereich. aid-Heft 3744/2000, Bonn, aid e. V.
aid (2002): Die Sau rauslassen. aid-Heft 1461/2002, Bonn, aid infodienst e. V.
aid (2004): Vom Kalb zur Kuh – tiergerechte Haltungsformen für Kälber und Jungvieh. aid-Heft 1506/2004, Bonn, aid infodienst e. V.
BMEL (2018): Aus Alt mach Neu! – Zukunftsweisende Stallanlagen durch Umbau. Bonn, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
KTBL (1973): Bundeswettbewerb 1973. Prämierung beispielhafter und kostengünstiger Stallbauten für die Rindviehhaltung. Abschlussbericht, unveröffentlicht, Darmstadt/Braunschweig
KTBL (1976): KTBL-Jahresbericht 1975. Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1977): Bauen für die Bullenmast. KTBL-Schrift 221, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1978): Bauen für die Ferkelproduktion. KTBL-Schrift 234, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1980): Stallanlagen für die Ferkelerzeugung zur Mast. KTBL-Schrift 251, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1982): Rindviehhaltung in Ortslagen. KTBL-Schrift 283, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1984): Sauenställe in Ortslagen. KTBL-Schrift 298, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1986): Mastschweinehaltung auf bäuerlichen Hofstellen – tier- und umweltgerecht. KTBL-Schrift 313, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1988): Beispielhafte Stallanlagen in alten Gebäuden. KTBL-Schrift 329, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1990): Beispielhafte Milchviehlaufställe bis 40 Kuhplätze. KTBL-Schrift 343, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1992): Umweltverträgliche Nutztierhaltung unter erschwerten Standortbedingungen. KTBL-Schrift 354, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (1995): Umwelt- und tiergerechte Mastschweinehaltung. KTBL-Schrift 363, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (2006): Landwirtschaftliches Bauen mit Holz. KTBL-Heft 54, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (2008): Gruppenhaltung von Pferden. KTBL-Heft 80, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (2010): Gemeinsam stark – Vorbildliche Milchviehkooperationen in Deutschland und der Schweiz. KTBL-Heft 90, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (2012): Gläserne Ställe. Verbesserung der Akzeptanz landwirtschaftlicher Nutztierhaltung. KTBL-Heft 98, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (2014): Energie clever nutzen TBL-Heft 103, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (2016): Heute schon draußen gewesen? Tier- und umweltgerechte Ausläufe. KTBL-Heft 114, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
KTBL (2022): Unser innovativer Stall - tiergerecht, umweltgerecht und zukunftsfähig. Ergebnisse des BMEL-Bundeswettbewerbes "Landwirtschaftliches Bauen 2022". KTBL-Schrift 11534, Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Werner Achilles.