Systematik des Baurechts

Es folgt ein Überblick, welche Gesetze, Verordnungen und Normen im Bereich des Bauens allgemein und beim landwirtschaftlichen Bauen im Besonderen eine Rolle spielen. Wir besprechen, was die entsprechenden Vorschriften regeln und wie sie ineinandergreifen. Um ein Bauvorhaben später zu verwirklichen, benötigen Sie weiteres Detailwissen:
 Öffentliches und privates Baurecht
 Bauplanungsrecht
 Bauordnungsrecht
 Bauvertragsrecht
 Baunormen und weitere normative Vorschriften
 Immissionsschutzrecht
 Naturschutzrecht
 Tierschutzrecht


Öffentliches und privates Baurecht

Im Stallbau schließen Sie als Bauherr Verträge mit anderen (Architekt, Stallbauunternehmen, Handwerkern usw.). Diesen Teil Ihrer Rechtsbeziehungen zählt man zum "Privaten Baurecht". Hierunter fallen weiter alle Rechtsgüter und Gesetze die Vetragspflichten, Eigentum und Nachbarrecht betreffen.

Außerdem ist für alle, die bauen möchten, das "Öffentliche Baurecht" zu beachten. Hierin sind die Pflichten gegenüber der Allgemeinheit bzw. dem Staat geregelt, z. B. das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht finden sich hier. Privates und öffentliches Baurecht sind weitgehend durch Gesetze und Verordnungen geregelt, ihre Anwendung ist daher verpflichtend. Es gibt jedoch Regelungen des öffentlichen Baurechts, die für private Bauherren nicht verpflichtend sind.


Bauplanungsrecht

Das Bauplanungsrecht beantwortet die Frage "Wo darf gebaut werden?". Bauplanungsrecht ist Bundesrecht, gilt also für ganz Deutschland und meint in erster Linie das Baugesetzbuch sowie darauf verweisende Verordnungen (Baunutzungsverordnung, Planzeichenverordnung etc.). Es regelt auf welche Weise Länder und Gemeinden Flächen für bestimmte Arten der Nutzung vorsehen und ausweisen können. Insbesondere regelt es die Zulässigkeit von Bauvorhaben auf bestimmten Gebieten und das Zustandekommen von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen.

Von besonderen Interesse der Landwirtschaft ist seit jeher § 35 Baugesetzbuch - Bauen im Außenbereich. Dieser Paragraf regelt die Privilegierung nicht gewerblicher Landwirtschaft und schafft damit die rechtliche Grundlage, dass Landwirte überhaupt in unbesiedeltem Gebiet bauen dürfen. Für viele Bauvorhaben ist heute Bauen im Außenbereich die einzige Option (Platzbedarf, Emissionssituation), um ihren Betrieb für die Zukunft zu erhalten. Eine andere Möglichkeit zur Realisierung von Stallbauten ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan.


Bauordnungsrecht

Das Bauordnungsrecht ist in Deutschland Sache der Bundesländer. Es beantwortet im Wesentlichen die Frage "Wie darf gebaut werden?". Wichtigstes Instrument sind hier die Landesbauordnungen. Sie regeln üblicherweise Genehmigungsverfahren, die Abwehr von Gefahren, die Bauaufsicht und Planvorlageberechtigungen.


Bauvertragsrecht

Schließen Sie einen Bauvertrag (zur Erstellung, Änderung oder Beseitigung von Gebäuden) ab, dann basiert dieser auf dem Bürgerlichen Gesetzbuch und ist ein Werkvertrag. Generell bedeutet dies, dass Sie die Bauleistung nicht nach Stundenaufwand kaufen (es gibt Ausnahmen), sondern das fertige Werk nach vereinbarten Eigenschaften. Die Eigenschaften des Bauwerks werden von Ihrem Architekten detailliert in der Ausschreibung beschrieben. Als Auftraggeber haben Sie Anspruch auf das so ausgeschriebene fertige (Bau-)Werk.

In Deutschland ist es Privatpersonen erlaubt, einen Bauvertrag formlos oder durch entsprechend eindeutiges Verhalten (konkludent) abzuschließen. Weiter ist es möglich, "Allgemeine Geschäftsbedingungen" mit aufzunehmen. Dies geschieht häufig in Form einer Klausel, in der es heißt "Der Vertrag wird auf Basis der VOB Teil B und/oder Teil C geschlossen".

Die sogenannte Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) ist im Baurechtsverkehr zwischen geschäftlichen Partnern weit verbreitet, da sie Vertragsbedingungen (Teil B) und technische Details (Teil C) enthält, die den Beteiligten oft schon bekannt sind. Für Privatpersonen gilt die VOB auch bei entsprechender Klausel nicht zwangsläufig. Gerichte haben in der Vergangenheit entschieden, dass einige Regelungen des BGB - wie beispielsweise die Gewährleistung - vorteilhafter für Privatpersonen sind und daher immer diese gelten. Fragen Sie hierzu Ihren Architekten oder Planer.


Baunormen und weitere normative Vorschriften

Bauplanungs- und Bauordnungsrecht formulieren ihre jeweiligen Inhalte allgemeingültig. Sie geben keine Hinweise auf die Bauausführung im Einzelfall und im Detail, sondern verwenden oft Begriffe wie "Beste verfügbare Technik" oder "Stand der Technik".

Regelwerke, die eben diese Details im Sinne der Gesetze klarstellen, werden von Interessensverbänden der Wirtschaft oder Expertengruppen und Normenausschüssen erarbeitet. Als wichtigste Vertreter können hier die bekannten DIN-Normen oder auch Euronormen (EN/EC) genannt werden.

Da sie den Stand der Technik abbilden, werden sie in juristischen Auseinandersetzungen oft herangezogen. Sie sind also keine Gesetze, gelten aber durch ihre fachliche Kompetenz. Dies bedeutet: Sie dürfen von Normen abweichen, sofern Sie fachlich eine gute Begründung dafür haben. Es empfiehlt sich aber, das im Regelfall nicht zu tun.

Auch im Hinblick auf die Landwirtschaft sollten Sie den aktuellen Stand der Technik kennen. Hier geben Ihnen die Veröffentlichungen von landwirtschaftlichen Einrichtungen der Bundesländer, der Universitäten, des Bundes oder des KTBL gute Hinweise.


Immissionsschutzrecht

Immissionsschutz ist im "Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge" (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) geregelt. Geschützt werden Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter.

Der Schutz vor Immissionen ist in den Ausführungsdetails auch immer die Frage nach der Dosis und den Grenzwerten von Einwirkungen. Um diese einzuhalten, werden Schutzabstände pauschal definiert oder in Simulationen errechnet. Da Immissionen von mehreren Anlagen ausgehen können, addieren sie sich. Daher bezieht sich eine Immissionsbetrachtung immer auf alle emittierenden Betriebe in einem Planungsgebiet und nicht nur auf das jeweilige Bauvorhaben alleine.

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Der Immissionsschutz ist ein wichtiges Rechtsgebiet mit beachtlicher Auswirkung auf die Landwirtschaft. Dies geht so weit, dass Bauvorhaben bestimmter Größe gar nicht mehr in einem baurechtlichen Verfahren, sondern nur in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren genehmigt werden können. Dieses Genehmigungsverfahren ist bedeutend aufwendiger und dauert in der Regel länger als ein Baugenehmigungsverfahren.


Naturschutzrecht

Zumindest für jedes Neubauprojekt muss die "naturschutzrechtliche Eingriffsregelung" beachtet werden. Ein landwirtschaftliches Bauvorhaben nimmt Natur und Landschaft in Anspruch und ist so im Sinne des Naturschutzrechtes ein Eingriff, der entsprechende Ausgleichsmaßnahmen notwendig macht. Es ist zu empfehlen, sich rechtzeitig um diesen Aspekt des Genehmigungsverfahrens zu kümmern. Die konkreten Ausgleichsmaßnahmen werden mit der zuständigen Naturschutzbehörde geklärt. Die Bandbreite dieser Maßnahmen kann von der Eingrünung des neuen Gebäudes bis zur Anlage von extensiven Streuobstwiesen reichen. Hinweise wie die Eingriffsregelung bei landwirtschaftlichen Bauvorhaben umgesetzt werden kann, gibt das KTBL-Heft 123 ( Anwendung der Eingriffsregelung nach dem Naturschutzrecht).


Tierschutzrecht

Das Tierschutzrecht wird hauptsächlich durch das Tierschutzgesetz sowie die Tierschutznutztierhaltungsverordnung gesetzlich geregelt. Daneben gibt es EU-Verordnungen zur ökologischen Tierhaltung.

Viele Veröffentlichungen und Beratungsgrundlagen setzen sich mit dem Stand der Technik, d. h. in diesem Falle mit den unterschiedlichen Haltungssystemen verschiedener Tierarten auseinander. Zudem wird dem Tierwohl und dessen Bewertung viel Aufmerksamkeit gewidmet.

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